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Stephanie Dargel, Melchior Bläse, Karina Barg (Fotos: privat)

Laues Image Steuerfachangestellte: „Es wird Zeit, daran etwas zu ändern“

Drei junge Steuerfachangestellte lieben ihren Beruf und wollen sich mit dessen angestaubtem Image nicht abfinden. Um angehende Azubis mit ihrer Liebe anzustecken, haben Stephanie Dargel, Melchior Bläse und Karina Barg (Foto oben) kurzerhand ein Blog gestartet: Auf Steuerazubi.com informieren die drei über Wege in den Beruf und darüber, was Neulinge dort erwartet.

Im Interview machen sie auch klar, was StB tun können, um das Image des Berufs und die Qualität der Ausbildung zu verbessern.

Der Fachkräftemangel treibt vielen Beratern und Beraterinnen Sorgenfalten auf die Stirn. Inzwischen werden schon Kanzleien wegen der Mitarbeiter und weniger wegen der Mandante gekauft, wie jüngst in der Xing-Gruppe der Datev zu lesen war. Sowohl Kammer als auch DStV haben Imagekampagnen gestartet, um Schulabgängern die Kanzleiberufe näher zu bringen.

Seit Mai haben die Berufsorganisationen neue Mitstreiter in diesen Bemühungen: Karina Barg, Melchior Bläse und Stephanie Dargel verfolgen dabei ihren eigenen Ansatz und wenden sich auf Augenhöhe an ihre Zielgruppe. Sie duzen ihre Leser und helfen ihnen mit vielen Informationen über Herausforderungen hinweg, die sie selber frisch gemeistert haben.

Die drei berichten über ihren persönlichen Weg in den Beruf –  inklusive Irrungen und Wirrungen bei der Berufswahl. Es geht unter anderem um das Vorstellungsgespräch, was beim Ausbildungsvertrag zu beachten ist und nicht zuletzt darum, was Azubis verdienen.

Im Interview sprechen die drei über ihre Motivation, die Wertschätzung ihres Berufs (auch durch die Beraterschaft) und was sie als Berater bei der Ausbildung anders machen würden. Das Interview wurde per Mail geführt.

Interview

Sie wollen Auszubildenen und Interessenten mit Rat zur Seite stehen und über die Realität des Berufs berichten. Warum hat der Beruf Steuerfachangestellter diese Aufklärungsarbeit nötig?

Melchior Bläse (Foto: privat)
Melchior Bläse (Foto: privat)

Melchior Blaese (MB): Steuerfachangestellter zu werden ist ja nicht wirklich ein Kindheitstraum. Im Gegenteil – wenn ich fachfremden Menschen erzähle, dass ich Steuerfachangestellter bin, werde ich nicht selten mit großen mitleidigen Augen angesehen. Aber im Ernst: Ich liebe diesen Beruf und halte ihn für unglaublich unterschätzt. Es wird Zeit, daran was zu ändern.

Stephanie Dargel (Foto: privat)
Stephanie Dargel (Foto: privat)

Stephanie Dargel (SD): Ich denke auch, dass der Beruf des Steuerfachangestellten von vielen Menschen als ein „reines Zahlenwerk“ betrachtet wird. Jeden Tag nur Zahlen, Rechnen und am Computer sitzen – wie langweilig und eintönig. Da dies eben überhaupt nicht der Fall ist, finde ich es absolut wichtig, die Menschen vom Gegenteil zu überzeugen. Unser Beruf ist so vielfältig, man lernt interessante Menschen und deren Unternehmen kennen.

Welche Schwierigkeit und welche Möglichkeiten unterschätzen Schulabgänger Ihrer Meinung nach, wenn sie sich für den Beruf des Steuerfachangestellten entscheiden oder eben diesen Berufsweg ausschlagen?

MB: Mit der Ausbildung zum Steuerfachangestellten steht einem die Welt offen – es ist ja nicht so, dass man nur lernt, wie man eine Steuererklärung macht. In meinen Augen ist diese Ausbildung das BWL-Studium für Praktiker. Man hat einen tollen Einblick in so unterschiedliche Branchen und wird immer wieder mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Am Anfang hätte ich auch nie geglaubt, wie abwechslungsreich diese Arbeit ist. Ich denke, dass das die meisten Schulabgänger unterschätzen.

Karina Barg (KB): Meiner Meinung nach unterschätzen viele Schulabgänger, die sich für die Ausbildung zur Steuerfachangestellten entscheiden, wie anspruchsvoll diese Ausbildung ist. Ständige Weiterbildung ist in diesem Beruf ein Muss, sowie Interesse und Fleiß in der Berufsschule während der Ausbildungszeit. Die Ausbildungsinhalte auf die leichte Schulter zu nehmen, kann sicherlich vielen zum Verhängnis werden. Was die Möglichkeiten dieses Berufs betrifft, stimme ich Melchior voll und ganz zu. Mir macht dieser Beruf unglaublich viel Spaß und ich würde ihn niemals als trocken oder langweilig beschreiben, wie es doch viele vermuten.

SD: Man sollte sich von Anfang darüber im Klaren sein, dass es sich um einen der anspruchsvollsten (Ausbildungs-)Berufe handelt. Ohne stetige Bereitschaft zu lernen und sich weiterzubilden wird es nicht unbedingt leicht sein, am Ball zu bleiben. Aber im Laufe der Ausbildung wird erkennbar, wie wunderbar abwechslungsreich das Fachgebiet und die Aufgaben sind. Die Ausbildung beinhaltet schulisch viel Theorie und Gesetzestexte, die aber im Alltag in der Kanzlei dann in der Praxis schnell einleuchten und umgesetzt werden können.

Andere Kampagnen für Ihren Beruf betonen gern, dass dieser Beruf „gar nicht so trocken ist“ und „tolle Perspektiven“ bietet. Wollen Sie persönlich bei „gar nicht so trocken“ bleiben oder streben Sie eher die Perspektiven an, z.B. Selbstständigkeit als StB?

MB: Nach meinem Studium möchte ich schon gerne die Steuerberaterprüfung in Angriff nehmen. Was danach kommt, wird sich zeigen.

KB: Ich möchte nach abgeschlossener Ausbildung Steuerrecht studieren und mich im Anschluss ebenfalls an die Steuerberaterprüfung wagen.

SD: Ich habe nach meiner Ausbildung zunächst einige Jahre in dem Beruf im Angestelltenverhältnis gearbeitet und war vollends zufrieden. Nachdem ich dann für drei Jahre ins Ausland gegangen bin und klar war, dass ich dort leider meinen Beruf nicht mehr ausüben konnte, habe ich diese Zeit für das BWL-Studium genutzt. Zur Zeit mache ich ein Aufbaustudium für Steuerrecht, um mein Wissen auffrischen zu können.

Was wünschen Sie sich von der perfekten Ausbildungskanzlei?

KB: Besonders Unterstützung und Förderung der Auszubildenden halte ich für besonders wichtig. Auszubildende sollten von ihrer Ausbildungskanzlei nicht vorwiegend als günstige Arbeitskräfte angesehen werden, wie es leider doch häufig vorkommt.

SD: Hier würde ich mir vorstellen, dass die ausbildende Kanzlei dem Auszubildenden eine gute Unterstützung während der kompletten Ausbildung zukommen lässt. Das richtige Maß an Lehren, Fordern und Fördern!

Was ist zu verbessern bei der Ausbildung zum Steuerfachangestellten?

KB: Auf diese Frage muss ich ebenfalls mit mehr Unterstützung und Förderung der Auszubildenden antworten. Qualifizierte Lehrer im Berufsschulunterricht sind sicherlich auch ein wichtiger Faktor für eine gute Ausbildung.

SD: Mir hätten damals detaillierte Dokumentationen für verschiedene Arbeitsgebiete geholfen. Sicher sind diese Arbeiten für „alte Hasen“ völlig einleuchtend und einfach – für einen Neuling unter Umständen aber ein Buch mit sieben Siegeln.

Was heißt das konkret? Was werden Sie als zukünftige Arbeitgeber besser oder anders machen?

SD: Ich als Arbeitgeber würde für künftige Auszubildende versuchen, die gängigen Arbeitsschritte in einer Art Handbuch verständlich zusammenfassen. Was genau sind beispielsweise die einzelnen Schritte der monatlichen Buchhaltung von Mandant XY. So hat der Auszubildende die Möglichkeit, nachzulesen und sich selbst zu kontrollieren, ob er an alle Schritte, Besonderheiten und Auswertungen gedacht hat. Im Grunde genommen dient die Dokumentation dann als Checkliste.

KB: Ich denke, dass es wichtig wäre, den Auszubildenden einen Ausbilder zur Seite zu stellen, der sie betreut und jederzeit Fragen beantworten kann. Die Auszubildenden würden nicht „nebenher laufen“. Der Ausbilder sollte im idealsten Fall ein erfahrener Steuerfachangestellter mit Ausbilderschein sein. Auch kanzleiinterne Fortbildungen, speziell auch für unerfahrene Steuerfachangestellte, stelle ich mir als gute Idee vor.

Haben Sie Sponsoren für die Internetseite?

MB: Nein.

Warum haben Sie für die Seite eine UG gegründet und nicht einfach drauflosgeblogt? Berufskrankheit?

MB: Das hat mehrere Gründe. Einer wäre, dass ich Mandanten jetzt aus eigener Erfahrung berichten kann, worauf sie bei einer UG-Gründung achten müssen 🙂

Im StB-Berufsstand holen Frauen langsam aber sicher auf. Derzeit sind noch 2/3 der StB Männer, aber wenn der Trend anhält, wird das Verhältnis bald ausgewogener. Unterhalb des Berufsträgers herrscht in den Kanzleien meiner Erfahrung nach ein noch krasseres Missverhältnis: Männer sind unterhalb der Kanzleileitung fast die Ausnahme. Wird oder sollte sich das ändern?

MB: Dazu sollten vielleicht die Frauen was sagen …

KB: Auch in meiner Ausbildungskanzlei arbeiten unterhalb der Kanzleileitung keine Männer. Allerdings glaube ich, dass inzwischen immer mehr Männer diesen Ausbildungsweg einschlagen und auch mehr Frauen den Weg zur Steuerberaterprüfung wagen. Wieso auch nicht? 😉

SD: Ob sich das ändern wird kann ich nicht einschätzen. Für mich ist es überhaupt nicht wichtig, ob wir in der Branche der Steuerberater und Steuerberatung einen Männer- oder Frauenüberhang haben. Es hat sich eben genau so im Laufe der Jahre entwickelt und – wie ich finde – als gut herausgestellt. Ich als Frau bin dankbar, wenn auch ich mit meinen Fähigkeiten und Kenntnissen akzeptiert und geschätzt werde. Ist das nicht der Fall, so versuche ich vom Gegenteil zu überzeugen.

Mal abgesehen davon, dass Sie sicherlich die weltbesten Arbeitgeber haben (oder die weltbeste Arbeitgeberin sind, Frau Dargel): Wie zufrieden sind Sie mit der Wertschätzung, die seitens der Beraterschaft Ihrem Beruf entgegengebracht wird?

MB: Ich glaube, dass man diese Frage gar nicht so generell beantworten kann, da es immer auf die jeweiligen Steuerberater ankommt, wie diese ihre Arbeitnehmer wertschätzen. Und Sie haben tatsächlich Recht – ich habe unheimlich Glück gehabt und fühle mich sehr wohl in meinem Büro.

KB: Auch in meiner Kanzlei werden die Steuerfachangestellten auf jeden Fall sehr geschätzt. Vermutlich würden die Steuerberater ohne die Arbeit ihrer Steuerfachangestellten auch ziemlich blöd aus der Wäsche gucken, um es mal so auszudrücken. Das Team meiner Kanzlei ist wie eine Art Familie, was wirklich sehr schön ist.

SD: Ich kann mich Melchior anschließen. Ich hatte das Glück, dass ich in meiner Zeit als Angestellte einen sehr guten Arbeitgeber hatte. Er hat mich stets unterstützt und meine Arbeit anerkannt. Jedoch bin ich auch hier der Meinung, dass Bereitschaft und der Wille zur Weiterbildung nahezu jeden Arbeitgeber zur Zufriedenheit bringt. Es liegt nicht immer nur am Arbeitgeber, vielmehr um beide Seiten, also auch die Einstellung und das Verhalten des Mitarbeiters.

Und wie zufrieden sind Sie mit den Möglichkeiten Ihres Berufs bzgl. Verdienst, Mitbestimmung?

KB: Bei diesen Themen kommt es sicherlich auf die jeweiligen Kanzleien an. In größeren Kanzleien haben die Steuerfachangestellten sicherlich weniger Mitbestimmungsrecht als in kleinen. Der Verdienst als Steuerfachangestellte erscheint mir tatsächlich teilweise etwas gering, allerdings kann dieser mit höherer Qualifizierung auch schnell steigen.

Die StB-Branche hat Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen und Fachkräfte heranzuziehen. Oft werden das Image und mangelnde Kenntnisse über den Beruf als Ursachen benannt. Das mag ja stimmen, aber offensichtlich haben Bewerber mit den gesuchten Fähigkeiten bessere Alternativen. Was können Berater und Beraterinnen konkret tun, um ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern?

SD: Wenn bei der Stellenbesetzung darauf hingewiesen wird, wie vielfältig der Mandantenstamm einer Kanzlei ist und dass selbständige Bearbeitung der Aufgaben angestrebt wird, dann sollte das Interesse der möglichen Bewerber steigen. Was sind bessere Alternativen? Eine Anstellung in der freien Wirtschaft – weil die Bewerber vermuten, dort mit einem höheren Gehalt einsteigen zu können. Hier liegt der Schlüssel des Geheimnisses. Das verstaubte Image muss durch Innovation und Moderne ersetzt werden. Wir tragen keine weißen Hemden und Pullunder – auch in der Steuerberatung weht mittlerweile ein viel frischerer Wind.

MB: Das kann ich nur unterstreichen. Für das eigene Kanzleiimage ist jeder Berater selbst verantwortlich. Wenn man sich innovativ und modern präsentiert, wird man mit Sicherheit keine Probleme haben, gute Mitarbeiter zu finden.

Sie beweisen mit Ihrer Seite berufsständisches Engagement und lassen – was Informationstiefe oder Realitätsnähe angeht – vergleichbare Anstrengungen von Kammer oder DStV im Staub zurück. Für welche höheren Ämter wollen Sie sich empfehlen?

MB: Vielen Dank für das tolle Lob! Ich muss ehrlich gestehen, dass ich mir darüber bisher gar keine Gedanken gemacht habe – bei mir steht eindeutig der Spaß im Vordergrund.

KB: Auch ich muss sagen, dass mir die Arbeit für Steuerazubi wirklich Spaß bringt. Wir stehen ja außerdem noch ganz am Anfang.

SD: Ich habe ebenfalls sehr viel Spaß an der Arbeit für Steuerazubi und lerne selbst noch eine Menge bei dieser Arbeit.

[blue_box] Über steuerazubi.com:

Karina Barg, Melchior Bläse und Stephanie Dargel informieren auf Steuerazubi.com über den Weg zum Beruf und den Arbeitsalltag von Steuerfachangestellten. Das Projekt war als online-Forum für ihre Berufsschulklasse gestartet und wurde im Mai 2013 zum öffentlichen Blog umgebaut.

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