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Berthold R. Metzger

Mit Verwahrstellen gegen den Schmu: Interview mit Berthold R. Metzger

Fonds-Betreiber müsse sich der neuen AIFM-Richtlinie aus Brüssel unterwerfen. Sie führt die so genannten Verwahrstellen ein, deren Führung auch in Händen von Freiberuflern der steuer- und rechtsberatenden Berufe liegen kann. StB WP Berthold R Metzger hat eine solche Verwahrstelle gegründet und erklärt im Interview die Erfolgsaussichten der Richtlinie und seines Geschäftsmodells.

[white_box] Über die AIFM-Richtlinie

Die europäische AIFM-Richtlinie reguliert die Manager von alternativen Investmentfonds (AIFMD; Alternative Investment Fund Managers Directive wikipedia). Deren deutsche Umsetzung geschieht durch die Überführung des alten Investmentgesetz in das neue Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB, Gesetz, Fachbeitrag über die Neuerungen von RA Andreas Driver, SKW Schwarz).

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Herr Metzger, Sie haben eine WP-Kanzlei, sind der Initiator von Smartcollect und haben jetzt noch die Deutsche Verwahrstelle GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aufgezogen. Sind Sie nicht ausgelastet?

Ich halte es mit dem Zitat von Konfuzius: „Tue das was Du liebst und Du brauchst nie wieder zu arbeiten“. Mir macht mein Beruf eben großen Spaß – trotzdem gehe ich Segeln und auch Tanzen!

Aber nun zu Ihrer Frage: Seit Frühjahr 2011 ist die europäische AIFM-Richtlinie und ihre Umsetzung in der Finanzbranche im Gespräch gewesen, ab Ende 2012 konnte man die Richtung und Anforderungen zunehmend gut erkennen. So haben wir aufgrund unserer langjährigen Tätigkeit als Treuhänder und Mittelverwendungskontrolleur und der vorhandenen Expertise auf den Gebieten „Immobilien“ und „erneuerbare Energien“ die Chancen ausgelotet und dann im Mai – eine Woche nach Verabschiedung des Gesetzes – die DVS Deutsche Verwahrstelle GmbH mit Standorten in Hamburg, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Bayern gegründet. Wir konzentrieren uns auf Fonds der Immobilienwirtschaft und der erneuerbaren Energien, weil unsere Entscheidungsträger in diesen Feldern langjährige Kompetenz haben.

Die AIFM-Richtlinie ist Ende Juli in Kraft getreten, worauf zielt sie?

Anlegerschutz. Sie ist die Antwort Europas auf die Finanzmarktkrise und den in der Presse öfter dargestellten Unregelmäßigkeiten mit Finanzprodukten der letzten Jahre. Die damit erstmals eingeführten Verwahrstellen sollen unter anderem die Ein- und Auszahlungen von Kapitalsammelstellen aller Art überwachen – also von Immobilien-, Schiff-Fonds und so weiter –, so dass Anleger besser geschützt sind und darauf vertrauen können, dass sich Vermögensgegenstände nicht in Luft auflösen.

Wird die AIFM-Richtlinie ihre Ziele erreichen?

Es ist der Versuch, Missstände zu verhindern, indem alle Marktteilnehmer mittels umfangreicher Regulierungen strenger überwacht werden. Aber wirkliche kriminelle Energie wird man auch damit nicht verhindern können. Das ist im übrigen Leben ja auch nicht anders. Und die vernunftraubende Gier auf Profit wird dadurch auch nicht ausgerottet.

Durch die mit der Regulierung verbundenen Kosten für die Fonds sinkt aber auch die Rendite für alle, für die gut und profitabel gemanagten Fonds genauso wie für die weniger ertragreichen. Und die Richtlinie schränkt die Gestaltungsmöglichkeiten für das Fondsmanagement ein, nicht nur für in fragwürdigen Versuchungen stehende Manager, sondern auch für lautere und kreative Fondsinitiatoren. Unterm Strich ist das – im Hinblick auf Finanzen wie im Hinblick auf Kreativität – eher nachteilig für die Gesamtheit der Investoren.

Und ein Markt für die beratenden Berufe. Welche Ziele haben Sie sich denn gesetzt?

Erst mal möchte ich noch hinzufügen, dass durch die Richtlinie in Zukunft sicherlich einige Anleger vor einem 100-prozentigen oder großem Verlust geschützt werden. Allerdings werden die Kosten für die Verwahrstellen und die Umsetzung der Vorschriften des KAGB meines Erachtens höher liegen, als die vermiedenen Schäden – das sagt auch die Mehrheit der Experten auf dem kürzlichen Summit in Brüssel.

Dies ist auch meine Meinung und ich will nicht einfach etwas bejubeln, selbst wenn ich einen Geschäftszweig darauf gründen kann. Jährlich werden in Deutschland von Fonds ca. 7 – 9 Mrd. € an Kapital eingesammelt, die Zahlen lagen vor Jahren auch schon mal höher. In Summe sind knapp 200 Mrd. Euro an Fondsvolumen vorhanden. Da ist doch klar, dass Verwahrstellen ihre Dienstleistung, die mit viel Aufwand und Haftung verbunden ist, nicht zum Nulltarif erbringen können.

Haben Sie sich Umsatz- oder Gewinnziele gesteckt?

Nein, das können wir auch nicht. Es gibt zwei unbekannte Variablen: Einerseits ist noch nicht vollends klar, wer unter den Anwendungsbereich des KAGB fällt, da gibt es einige Ausprägungen, die vielleicht nicht darunter fallen und das hat nicht unbedingt etwas mit „trickreicher“ Gestaltung zu tun. Und es ist nicht klar, für welche Verwahrstelle sich die Verpflichteten entscheiden.

Derzeit setzt gerade eine kleine Völkerwanderung ein: Die Richtlinie nimmt nämlich zwei Sorten von Kapitalsammelstellen von der Pflicht zur Verwahrstelle aus: Erstens, Fonds mit nur einem Anleger, was wirklich selten ist. Und zweitens – hier sehen mehr Fondsbetreiber ihre Lücke – Unternehmen, die operativ tätig sind.

Ein offensichtliches Beispiel für die zweite Kategorie ist Siemens. Denn obwohl sich Siemens vielleicht auch mal eine Milliarde am Finanzmarkt holt, steht dem eben auch ein operatives Geschäft mit rund 80 Mrd. Euro Umsatz gegenüber. So könnten zum Beispiel auch Windparkbetreiber argumentieren und sagen “Wir erzeugen Strom, das ist unser operativer Hauptzweck.“ Natürlich kann die bloße Aussage des Unternehmens nicht ausreichen, aber da ist halt die Grenzlinie noch nicht genau gezogen; das war in der Kürze der Zeit ja auch gar nicht möglich.

Und was ist die zweite Variable? Wer tummelt sich denn noch auf dem Markt?

Nach dem Gesetzestext gelten Depotbanken als die „geborenen“ Verwahrstellen. Manche Fonds sind auch auf die Einschaltung von Depotbanken angewiesen, weil ihre institutionellen Anleger darauf bestehen.

Trotzdem ist das letzte Wort bei der Marktaufteilung noch lange nicht gesprochen. Denn andere Marktteilnehmer fühlen sich dabei unwohl, weil sie glauben, dass Depotbanken für diesen neuen Markt mit vollkommen neuen Herausforderungen nicht die wünschenswerten Erfahrungen mitbringen. Sie sehen die Gefahr, dass man neue Aufgaben mit traditionellen alten Lösungsansätzen bewältigen will. Aber was bei wirklich verwahrfähigen Vermögenswerten – Wertpapiere, Aktien, Edelmetalle, Diamanten – gut funktioniert hat, funktioniert nicht unbedingt in den neuen Asset-Klassen. Wie wollen Sie ein Windrad in einen Safe legen? Da helfen die alten Lösungen nicht.

Außerdem kennt doch jeder das Phänomen: je grösser die Organisation ist, umso weniger Leute gibt es, die entscheiden und verantworten wollen; da muss alles durch ein Entscheidungsgremium abgesegnet werden. Wem ist es nicht schon passiert, dass er zwei Wochen ohne Ergebnis hinter jemand her telefoniert hat, weil halt die nächste Gremiensitzung erst in drei Wochen ist. Das kann die Arbeitsabläufe bei einer KVG schon erheblich belasten und manche Chance auch verhindern.

Deshalb bin für unsere alternative Verwahrstelle da ganz entspannt, denn wir sind flexibel und schnell und können innerhalb von 24 Stunden reagieren – das haben wir in der Vergangenheit auch schon bewiesen. Und das ist ein guter und wichtiger Grund für kleine und mittlere KVGs, sich für uns zu entscheiden, denn bei uns sind sie ein wichtiger Kunde.

Mit der PW AG betreuen wir seit acht Jahren geschlossene Immobilienfonds und haben auch viel Erfahrung beim Thema erneuerbare Energien. Da konnten wir gar nicht umhin, die Entwicklung der Richtlinie mit zu verfolgen. Schließlich haben wir uns entschieden, mit der DVS Deutsche Verwahrstelle GmbH eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als prospektive alternative Verwahrstelle zu gründen. Wir konzentrieren uns nur auf diese beiden Assets, weil wir dort unsere umfangreiche Erfahrung ausspielen können. Alle Entscheidungsträger unserer Verwahrstelle haben in diesen Asset-Kategorien 15 Jahre Berufserfahrung oder mehr.

Denn die Risiken und Ungewissheiten, die Verwahrstellen aus diesen neuen Aufgabenfeldern nun erwarten, können Sie nicht mit Studien lösen – es gibt noch keine. Und auch die juristischen Kommentare zu diesem Thema sind noch nicht geschrieben. Wenn Sie also übermäßige Vorsicht und dadurch lähmende Entscheidungsfindung vermeiden wollen, brauchen Sie Verwahrstellen mit Branchenerfahrung in Ihrem Marktsegment. Von daher rechnen wir uns durchaus einen Markterfolg aus.

Das kann ein riskantes Geschäft sein. Wie hoch sind denn da die Anforderungen in Bezug auf Gründungskapital und Haftpflichtversicherung?

Die Anforderungen sind grundsätzlich vielfältig, neben der persönlichen Zuverlässigkeit, Fachkenntnis und einigen andere Kriterien spielen natürlich auch die finanziellen Garantien eine Rolle. Derzeit gibt es für alternative Verwahrstellen zwei Optionen: Entweder Sie gründen eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder Steuerberatungsgesellschaft und hinterlegen ein fixes Kapital von 730.000 € oder Sie hinterlegen ein fixes Kapital von 150.000 Euro und haben zusätzlich eine Haftpflichtversicherung die darüber hinaus geht und mindestens 10 Prozent des Fondsvolumens abdeckt.

[blue_box] Über Berthold R. Metzger:

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WP/StB Berthold R. Metzger ist gebürtiger Franke und seit 1984 im Wirtschaftsprüfungsbereich tätig; er wurde 1988 als Steuerberater und 1989 als Wirtschaftsprüfer zugelassen. Bei PricewaterhouseCoopers leitete er sechs Jahre lang den Bereich „Klimaschutz – erneuerbare Energien“ und war währenddessen verantwortlich für die Erst-Verifizierung von 180 Mio. to CO2 in Deutschland. Seit 2005 ist er als Vorstand der PW AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (Hamburg) tätig und verantwortet dort im Geschäftsbereich Treuhandwesen und Mittelverwendungskontrolle ein Volumen von inzwischen mehr als 230 Mio. Euro an Eigenkapital, wobei mehr als 9000 Treuhandverhältnisse bestehen.

Das Interview wurde per Telefon geführt.

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