Zum Inhalt springen

Finanzgerichtstag im Schnelldurchlauf

Am Montag fand in Köln der Deutsche Finanzgerichtstag statt und ich habe fleißig davon getwittert (das gilt ja als modern und ich wollte es mal ausprobieren). Die Tweets sind unten aufgelistet, ergänzt um ein paar Bemerkungen und Links. Einige Vorträge habe ich mitgeschnitten und kann sie hoffentlich in den kommenden Tagen hier veröffentlichen. Zumindest der Vortrag von Christoph Horn, Universität Bonn – Institut für Philosophie, ist schon öffentlich (siehe unten).

Die elfte Auflage des Deutschen Finanzgerichtstags widmete sich unter dem Titel „Steuergerechtigkeit und Effektivität“ den Herausforderungen an Gesetzgebung, Finanzverwaltung und Rechtsprechung durch das Spannungsverhältnis zwischen gebotener (Steuer-) Gerechtigkeit im Einzelfall und Gewährleistung eines effektiven (elektronischen) Steuervollzugs durch die Finanzverwaltung.

Geschätzte 200 Teilnehmer und viel Branchen-Prominenz: BStBK-Präsident Horst Vinken, DStV-Präsident Harald Elster, BFH-Präsident Rudolf Mellinghoff, die Vorsitzende des Finanzausschusses des Bundestags Ingrid Arndt-Brauer (SPD), Vorsitzender der Steuergewerkschaft Thomas Eigenthaler, Richter des BFH, des BVerfG.

Ingrid Arndt-Brauer (SPD) ist die neue Vorsitzende des Finanzausschusses des Bundestags und stellte sich auf dem Finanzgerichtstag mit einen Grußwort vor.

BFH-Präsident Rudolf Mellinghoff machte in seinem Grußwort auf eine Gefährdung der Gerichtsbarkeit – und besonders der Finanzgerichtsbarkeit – aufmerksam: die hinausgezogene Besetzung von Richterstellen: nicht nur in seinem Fall (zwischen dem Ruhestandsbeginn von Wolfgang Spindler und Mellinghoffs Amtsantritt lagen neun Monate). Das Bundesverwaltungsgericht war zwei Jahre ohne Vize-Präsident. Und in Ostdeutschland waren einige Finanzgerichte monatelang ohne Präsident oder Vizepräsident. Erstaunlich, denn das Pensionierungsdatum von Richtern stehe jahrelang im Voraus fest.

DStV-Präsident Harald Elster ging in seinen Grußwort unter anderen auf die Selbstanzeige ein. Am Vormittag hatte sich – der ebenfalls anwesende – Thomas Eigenthaler von der Steuergewerkschaft im Fernsehen zum Thema Selbstanzeige geäußert: Video in der zdf mediathek

Und Elster warnte davor, dass Bürokratieabbau und Digitalisierung zu einer Einbahnstraße werden, bei der die Finanzverwaltung von der Vereinfachung profitiert und deren Lasten auf Steuerzahler und Beraterschaft abgewälzt werden.

Philosophie-Professor Christoph Horn widmete sich der Frage der Gerechtigkeit aus der Sicht der politischen Philosophie. Wie teilt man auf einen Kindergeburtstag den Kuchen gerecht auf? Angesichts mancher Verteilungskämpfe ein durchaus angebrachter Vergleich.

Seinen Vortrag können Sie hier nachhören:

[soundcloud url=“https://api.soundcloud.com/tracks/130779554″ params=“color=ff6600&auto_play=false&show_artwork=true“ width=“100%“ height=“166″ iframe=“true“ /]

wikipedia: John Rawls:

Rawls gilt als wesentlicher Vertreter des egalitären Liberalismus. Als Prämisse seines Werkes setzt er die Gerechtigkeit als maßgebliche Tugend sozialer Institutionen, die aber die Freiheit des Einzelnen nicht verletzen darf. (…) Rawls stellt sich dazu die Frage: Für welche Gerechtigkeitsgrundsätze würden sich freie und vernünftige Menschen in einer fairen und gleichen Ausgangssituation in ihrem eigenen Interesse entscheiden?

BStBK-Präsident Horst Vinken sprach über den Stand der Digitalisierung bei der Steuerveranlagung.

Der digitale Input nimmt zu, der Output nicht. Warum? Nach Vinkens Worten fehlt dem System der letzte Schliff: Um nützlich zu sein, müsse das Verfahren zu einem Kreislauf ausgebaut werden, der nicht nur Ein- und Ausgabe, sondern auch Kontrolle und Korrektur auf digitalem Wege erlaubt.

Vinken machte vier Baustellen bei der Digitalisierung der Veranlagung aus:

Auf der Pressekonferenz mit Ingrid Arndt-Brauer, kam auch zur Sprache, dass in der großen Koalition viele Punkte ausverhandelt seien und mit wenig Bewegung in manchen (Steuer-) Fragen zu rechnen sei. Das veranlasste Mellinghoff zu einer kleinen Bemerkung:

Der Kölner FG-Richter Dr. Carsten Meinert widmete sich in seinem Vortrag der Frage, wie es um den Rechtschutz angesichts der Digitalisierung steht. Das hat mich zu dem etwas reißerischem Tweet bewegt:

Es hatte mich schockiert, wie wenig selbst die Richterschaft Einblick in die Abläufe der Finanzverwaltung bekommt. Meinerts Ausblick fiel nicht fatalistisch aus, er zeigte lediglich die Baustellen auf. Und E-Akte und erste Prozesse rund um digitalisierte Abläufe der Finanzverwaltung sind erst in Jahren zu erwarten. Sein Vortrag hat mich aber bewegt, weil er klar machte, dass die Bequemlichkeit der Digitalisierung auch eine Kehrseite haben kann.

[blue_box]

Über den Finanzgerichtstag:

Als öffentliches Forum der Finanzgerichtsbarkeit dient der jährlich in Köln stattfindende Finanzgerichtstag der steuerrechtlichen Fachdiskussion zwischen Politik, Verwaltung, Gerichtsbarkeit, Wissenschaft, Anwalt- und Steuerberaterschaft sowie sonstigen Institutionen, Organisationen und Verbänden.

Ziele des Finanzgerichtstag e.V.

Neben den erwähnten, sprachen noch weitere Redner und Rednerinnen. Das vollständige Programm

Internetseite des Finanzgerichtstag e.V.

Nächster Finanzgerichtstag: 26.01.2015

[/blue_box]