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Prof. Dr. Lars P. Feld, Leiter des Walter Eucken Instituts, Albert-Ludwigs-Universität.

#steuerlinks 14. KW

Foto oben: Prof. Dr. Lars P. Feld auf der Münchner Steuerfachtagung am vergangenen Mittwoch. Feld ist Mitglied des Sachverständigenrats und lieferte einen feinen Gastvortrag ab: „Gute Konjunktur – falsche Weichenstellungen: Deutschland im fünften Jahr nach der Finanzkrise.“ Eine Zusammenfassung davon finden Sie ganz unten.

Hoeneß

Gastvortrag Lars P. Feld auf der Münchner Steuerfachtagung

Prof. Dr. Lars P. Feld ist Leiter des Walter Eucken Instituts an der Albert-Ludwigs-Universität (Freiburg). Die Zusammenfassung seines Vortrags stammt aus der Pressemitteilung des Steuerfachtagungs e.V., die ich hier dokumentiere.

Gute Konjunktur – falsche Weichenstellungen: Deutschland im fünften Jahr nach der Finanzkrise

Deutschland geht es gut: Das Wirtschaftswachstum beschleunigt sich. Der Sachverständigenrat erwartet in diesem Jahr eine Zuwachsrate von 1,9 Prozent.

Mit voraussichtlich 1,6 Prozent Inflation herrscht Preisstabilität. Die Arbeitsdürfte im Jahresdurchschnitt 2014 6,8 Prozent betragen. DerArbeitsmarkt ist damit in einigen Regionen schon geräumt. In Baden-Württemberg oder Bayern herrschen Vollbeschäftigung und Fachkräftemangel.Der gesamtstaatliche Finanzierungssaldo ist ausgeglichen. Lediglich das außenwirtschaftliche Gleichgewicht wird nicht erreicht. Die deutsche Wirtschaft realisiert wohl erneut einen Leistungsbilanzüberschuss, der aber angesichts des Ausgleichs der Leistungsbilanz mit den Ländern derEurozone nicht beunruhigen muss.

Statt in dieser günstigen Lage die richtigen Weichenstellungen für die Zukunft vorzunehmen, sich auf den demografischen Wandel einzustellen und die Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft etwa durch geeignete Steuerreformen herzustellen, dreht Deutschland auf dem Reformpfad um. Die Renten- und Arbeitsmarktreformen der Großen Koalition werden die deutsche Wirtschaft belasten und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen weiter in Frage stellen. Die zukünftigen Generationen werden für diese Politik zahlen müssen.

Die Rente mit 63 und die Mütterrente sind verfehlt. Ohne dass dafür Beiträge gezahlt worden wären, sollen zukünftig zwei Erziehungsjahre für Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren sind, angerechnet werden. Elternleisten in der Tat einen Beitrag zur Stabilität des Rentensystems. Eine Kinderorientierung der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) verlangt aber zwingend, dass Rentenzahlungen für die Kindererziehung durch höhere Beiträge Kinderloser finanziert werden. Dies unterlässt die Bundesregierung aus guten Gründen, weil unerfüllte Kinderwünsche häufig nicht im Ermessen von Paaren stehen. Misst man die Mütterrente an familienpolitischen Zielsetzungen, so wird man sie sogleich als sinnlos bezeichnen. Wenn schon die vorherige Regelung für Mütter, deren Kinder nach 1992 geboren sind, keine Erhöhung der Fertilitätsraten mit sich brachte, wie soll es dann ihre Ausdehnung nach vorne?

Die abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren nach 45 Beitragsjahren belastet die GRV direkt durch höhere Rentenzahlungen und indirekt durch die Frühverrentung hoch qualifizierter Facharbeiter. Der Schaden, den die Große Koalition damit anrichtet, ließe sich etwas mildern, wenn man Arbeitslosigkeit gar nicht oder maximal bis zu drei Jahren anrechnet. Gleichwohl bleibt ein Schaden. Die Demografiefestigkeit der GRV ist dahin.

Der Mindestlohn wird angesichts der guten Konjunktur kaum zu einer spürbaren Arbeitslosigkeit führen. Zunächst wird die Schwarzarbeit, insbesondere in den Dienstleistungsbranchen, ansteigen. Die schädlichen Auswirkungen des Mindestlohns auf die Beschäftigung werden sich dann in der nächsten Rezession zeigen. Vor allem Geringqualifizierte werden arbeitslos werden. Sobald die negativen Wirkungen auf die Beschäftigung Geringqualifizierter deutlich geworden sind, wird der Ruf nach Lohnsubventionen laut werden. Frankreich schießt heute schon 22 Mrd. Euro in Form von Lohnsubventionen in den Arbeitsmarkt, um die negativen Auswirkungen seines Mindestlohns abzufedern. Unsere Nachbarn erwecken nicht den Eindruck, dass man ihnen in der Arbeitsmarktpolitik folgen sollte. Gleichwohl tut dies die Große Koalition.