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StB Mario Tutas, Kanzlei TKP, Cuxhaven

Juchu, schon wieder keine Mail!

Ungestört arbeiten: Steuerberater Mario Tutas hat seine Kanzlei-IT so eingerichtet, dass nur zwei Stunden am Tag Mails abgerufen oder verschickt werden können. Er genießt die neue Ruhe und nimmt sogar am Wochenende wieder das Handy mit, denn Berufliches dringt dann nicht mehr durch. Mit steuerkoepfe.de hat er über die Vorteile und über die Reaktionen von Mitarbeiter und Mandanten gesprochen.

Seit wann gibt es diese Mail-Einschränkung?

Das habe ich Anfang Juni einrichten lassen. Auslöser war ein Arbeitstag, den ich für eine Aufgabe geblockt hatte. Ich habe erst um 18 Uhr mit der Aufgabe begonnen, war um 23 Uhr fertig und habe mich selbst gehasst dafür, dass ich es vor mir hergeschoben habe. In der Zeit bis 18 Uhr hatte ich aber dankbar jede Ablenkung, jede Mail aufgegriffen, weil ich natürlich keine Lust auf diese Aufgabe hatte. Sie war anstrengend, kompliziert und jede Ablenkung war willkommen. Das hat mir gezeigt, wie empfänglich ich für Ablenkungen bin, wenn ich mich eigentlich konzentrieren möchte oder sollte. Wie war das denn früher? Morgens kam die Post, zwischendurch ein paar Anrufe und ansonsten war Ruhe im Puff. Für ein Buch habe ich mich gerade mit dem Thema Burnout beschäftigt. Und sieh an: In den 70er und 80er haben die Leute durchschnittlich 500 Stunden pro Jahr mehr gearbeitet, aber Burnout war unbekannt. Woher kommt das?

Diese automatische Antwort erhält, wer die Kanzlei TKP außerhalb der Mailbearbeitungszeit anmail (zum Vergrößern klicken).
Diese automatische Antwort erhält, wer die Kanzlei TKP außerhalb der Mailbearbeitungszeit anmail (zum Vergrößern klicken).

Die eingeschränkte Mailzeit hast Du technisch einrichten lassen?

Ja, ich kann außerhalb der zwei Stunden zwischen 15 und 17 Uhr, bzw. 12 und 14 Uhr freitags keine Mails abrufen.

Gilt das auch für interne Mails von Schreibtisch zu Schreibtisch in der Kanzlei?

Nein, das lässt sich technisch nicht machen. Ursprünglich hatte ich gehofft, dass die Mitarbeiter mehr miteinander sprechen, aber da hat es keine Veränderung gegeben. Das interne Mailaufkommen ist gleich geblieben.

Und wie arbeitet es sich so mit diesen Schalterstunden?

Ich empfinde es als total gechillt. Um 15 Uhr kommen auf einen Schwung alle Mails und dadurch arbeite ich sie auch effizienter ab. Schätzungsweise habe ich eineinhalb Stunden pro Tag gewonnen.

Was sagen Mandanten und Mitarbeiter?

Die erste Reaktion war ein Lob von der IHK. Die Mitarbeiter sind geteilter Meinung. Die meisten Mandanten finden es interessant. Einige Mandanten empfinden es als unverschämt. „Seid Ihr jetzt ein Beamtenladen?“, fragte ein wütender Mandant. Ich schätze, er war so wütend, weil er den Mailterror selber aushalten muss. Aber ich sitze das aus, da bin ich resistent.

Jeder Mail-Schreiber erfährt durch die automatische Antwort von Deiner Mail-Praxis. Warum hast Du das nicht intern still und leise durchgezogen?

Es könnte ja mal um Leben und Tod gehen und jemand verlangt per Mail nach einem sofortigen Rückruf. Dieser Notfall-Kandidat sollte dann wissen, wie er mich erreichen kann, nämlich über die Notfall-Mailadresse, bzw. telefonisch. Außerdem finde ich es offen und transparent besser. Und: Die Leute reden drüber, es hat also auch einen Marketing-Effekt.

Als ich mehrere Deiner auto-replies bekommen hatte, fragte ich mich, ob Du damit auch die Leute erziehen willst, zu überlegen, bevor sie wieder eine Mail abschießen?

Nein, nicht ganz. Aber die Idee dahinter ist ja, es mit den Mandanten zu schaffen, dass man gemeinsam wieder vernünftig miteinander kommuniziert. Ich finde es falsch, wenn sich Menschen den Maschinen anpassen und springen, sobald ihnen eine neue Mail angezeigt wird.

Dürfen Deine Mitarbeiter eigentlich privat surfen oder mailen in der Kanzlei?

Ja, klar.

Es war also nicht der Hintergedanke, private Internet-Aktivitäten einzuschränken?

Nein, Ziel ist es, die Mitarbeiter zu entlasten. Es wird ja auch in jedem Ratgeber zum Zeitmanagement empfohlen, sich einmal täglich mit Mail zu befassen und sie sonst links liegen zu lassen. Ich habe das nicht geschafft. Wenn die Möglichkeit da ist, schaue ich nach. Wir sind doch inzwischen alle Informations-Junkies. Es ist ein komisches Gefühl, wenn plötzlich die Mails ausbleiben. Ein Nebeneffekt ist auch, dass ich abends keine Mails mehr auf mein Handy bekomme und tatsächlich Feierabend habe. Ich nehme jetzt sogar wieder am Wochenende das Handy mit, weil einfach nichts Berufliches durchdringt. Und in meinen Seminaren gebe ich den Tipp auch weiter und sage: Hier ist ein 10.000-Euro-Tipp. Denn wenn man die gesparten Stunden addiert und die gewonnene Ruhe noch dazu nimmt, dann merkt man mal wie viel Zeit und Geld vorher vernichtet wurde.

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Über StB Mario Tutas:

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